Haustierboom aufgrund Corona-Pandemie

Die Nachfrage für Haustiere hat aufgrund der Corona-Pandemie einen erheblichen Aufschwung erfahren. Das Bedürfnis nach einem Haustier ist seit Beginn der Pandemie deutlich erkennbar gewachsen. Die dem Deutschen Tierschutzbund angeschlossenen Tierheime berichten über eine enorm gestiegene Nachfrage für Katzen und Hunde. Und auch der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) meldet eine hohe und nicht zu deckende Nachfrage für Rassehundewelpen.
Die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN hat seit Beginn der Pandemie die Zahl der Anzeigen auf Online-Plattformen beobachtet und konnte einen engen Zusammenhang zwischen den Grenzschließungen und einem rasanten Abfall der inserierten Tiere erkennen. Insbesondere bei gefragten Trendrassen wie Labrador Retriever, Französische Bulldogge oder Chihuahua fiel die Anzahl der Hundeanzeigen auf Online-Portalen wie eBay Kleinanzeigen und Quoka im April 2020 teilweise um mehr als 69%. Doch nach den Lockerungen der Grenzschließungen zeichnete sich wieder ein Anstieg für Hunde-Verkaufsanzeigen ab. Von Ende Juni bis Mitte August stieg die Zahl der Welpenanzeigen auf Quoka und eBay Kleinanzeigen weiterhin kontinuierlich an. Innerhalb von sieben Wochen wuchs die Anzahl der Inserate für Welpen bis Mitte August auf den beiden Online-Plattformen um insgesamt weitere 48%. FINDEFIX, das Haustierregister des Deutschen Tierschutzbundes verzeichnet für das Jahr 2020 15% mehr Registrierungen von Haustieren. Ähnliches verbucht die Tierschutzorganisation TASSO e.V., die Europas größtes kostenloses Haustierregister betreibt: Im Jahr 2020 wurden dort 433.600 Hunde und 391.000 Katzen neu registriert. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einem Anstieg der Neuregistrierungen um 8% bei den Hunden und um 17% bei den Katzen. Leider vergrößert eben diese starke Nachfrage ein bereits bestehendes Problem - den illegalen Handel mit Hunde- und Katzenwelpen. Die vorläufige Auswertung des Deutschen Tierschutzbundes von 2020 liefert bereits jetzt erschreckende Ergebnisse. Knapp 150 Fälle von illegalem Welpenhandel wurden erfasst, darunter knapp 1000 Hunde und 150 Katzenwelpen, sowie viele weitere Tierarten. Gleiches stellt auch die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN in ihrer Auswertung für 2020 fest. Und auch im Januar und Februar 2021 wurden schon etliche Fälle von illegalem Welpenhandel aufgedeckt. Leider stellen diese Fälle nur die Spitze des Eisbergs dar, es ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen.

Ein zentrales Problem des illegalen Heimtierhandels ist das anonyme Anbieten von Tieren über das Internet. Skrupellosen Händler:innen gelingt es auf Internetportalen Welpen auf einfachem Wege zu verkaufen. Die Verkäufer:innen lassen sich in den meisten Fällen im Nachhinein nicht mehr ermitteln, dies macht das Geschäft mit den Welpen lukrativ. Die widrigen Haltungsbedingungen, unter denen die Welpen produziert werden, haben fatale Folgen für die Tiere. Häufig leiden die Welpen an Infektionskrankheiten mit schwerwiegenden Krankheitsverläufen, die mitunter tödlich enden oder an anderen Problemen, die zu langen Leiden führen. Hunde aus unklarer Herkunft entwickeln beispielsweise überproportional häufig Angst- und Aggressionsverhalten. Während ersteres ein tierschutzrechtliches Problem darstellt, ist zweiteres mit einer Gefahr für die Hundehalter:innen, ihre Mitmenschen und ggf. andere Tiere verbunden. Gleichzeitig bestehen aufgrund der Pandemie seit Monaten nur geringe Möglichkeiten Hundeschulen zu besuchen. Gerade für unerfahrene Hundebesitzer:innen stellt dies ein Problem dar. Käufer:innen sind sich der geschilderten Probleme zumeist nicht bewusst und kaufen aufgrund der schnellen und vermeintlich unkomplizierten Verfügbarkeit des Welpen oder sogar im naiven Glauben etwas Gutes zu tun.

Aufgrund der meist fehlenden Tollwutimpfung kommen die behördlicherseits aufgegriffenen Tiere zunächst meist in Quarantäne in Tierheime, in denen sie manchmal mehrere Monate betreut werden müssen, bevor sie vermittelt werden dürfen. Dabei entstehen enorme Kosten für die Tierheime.

Neben der genannten Gefahr der Übertragung der Tollwut gibt es viele andere auf den Menschen übertragbare Erkrankungen (sogenannte Zoonosen wie Leptospirose oder verschiedene Endoparasiten) deren Vorkommen in Deutschland auch auf den illegalen Welpenhandel zurückzuführen sind. Gerade aufgrund der aktuellen weltweiten Krise im Rahmen der Verbreitung von SARS–CoV-2 sollte uns allen bewusst sein, wie schnell sich Krankheiten weltweit ausbreiten und die Gesundheit der Menschen gefährden können.
Die Auswertung des illegalen Heimtierhandels 2019 des Deutschen Tierschutzbundes zeigt zusätzlich, dass sich unter den illegal gehandelten Hunden viele der im Hundeverbringungs- und Einfuhrbeschränkungsgesetz gelisteten Hunde befanden. Der Import dieser gelisteten Hunderassen stellt einen Straftatbestand dar.

Die deutschen Tierheime befürchten, dass die derzeitige hohe Nachfrage nach Welpen zu einem Bumerang wird, der sie vor kaum zu bewältigende Aufgaben stellt, denn nach dem Ende der Pandemie ist es vorstellbar, dass viele Tiere im Tierheim landen.

Die Corona-Pandemie und die dadurch massiv gestiegene Nachfrage für Haustiere liefert uns nur einen weiteren Grund, die genannten Probleme schnellstmöglich anzugehen. Tierbesitzer:innen und solche die es werden wollen, müssen mehr denn je in die Pflicht genommen werden, sich der Verantwortung für ein Haustier bewusst zu werden. Die Politik muss endlich und schnellstmöglich handeln. Im ersten Schritt fand im Januar 2021 ein „Runder Tisch“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zum Thema „Onlinehandel mit Tieren“ statt. Im Rahmen des Termins wurden die mit dem Onlinehandel von Tieren verbundenen und bestehenden Probleme besprochen, Lösungsansätze wurden seitens der geladenen Organisationen vorgestellt. Es bleibt nun abzuwarten, inwieweit der Bund hier entsprechende Regelungen auf den Weg bringt und diese umgesetzt werden.

Die AG Welpenhandel hält unter anderem die folgenden Schritte für zielführend:

  1. Einführung einer Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Hunde und Katzen. Erst diese ermöglicht, dass Tiere eindeutig identifiziert und zu Händler:innen zurückverfolgt werden können.
  2. Regulierung des Internethandels mit Tieren durch klare, bei Verstoß zu ahnende Rechtsvorgaben. Unter anderem muss eine sichere Identifikation von Verkäufer:innen auf Internetplattformen, sowie der Tiere, durch Angabe der Mikrochipnummer und des Registers gewährleistet sein.
    Verpflichtung der entsprechenden Internetplattformen, Inserate auf Plausibilität und Rückverfolgbarkeit zu prüfen, bevor diese online gestellt werden.
  3. Einführung einer Heimtierschutzverordnung, mit klaren Vorgaben u.a. zu Handel, Zucht und Haltungsvoraussetzungen

Es ist uns allen bewusst, dass die Corona-Pandemie unser aller Leben massiv beeinflusst. Die gestiegene Nachfrage für Haustiere ist menschlich nachvollziehbar und spiegelt den Wunsch der Menschen nach lebendiger Nähe. Doch der, aus der erhöhten Nachfrage insbesondere nach Hunden aber auch Katzen, resultierende Anstieg illegal gehandelter Welpen ist mit großem Tierleid verbunden.

Hier ist die Gesellschaft und die Politik in der Pflicht, dieses Leid zu erkennen und zu handeln. Denn auch wenn die Pandemie hoffentlich bald ein Ende findet, der illegale Welpenhandel bleibt auch danach fortbestehen, wenn sich an den Rahmenbedingungen des Onlinehandels nichts ändert.